2.7.b Ich bin kein Arbeitgeber!

Es war eine Lebensphase, in der ich sehr viel arbeitete. Wir hatten ein fast 100 Jahre altes, sanierungsbedürftiges Haus gekauft. Unsere Vision war es, einen Wohnort und zugleich einen Ort für innere und spirituelle Entwicklung zu schaffen. Da nach dem Kauf kein Geld mehr übrig war, blieb uns nichts anderes übrig, als alles selbst zu machen.

Sieben Jahre lang tat ich kaum etwas anderes als arbeiten und beten. Nach der Arbeit zog ich sofort meine Handwerkerhose an und arbeitete, bis meine Kräfte am Ende waren – meist bis 22 Uhr. Bis auf Ziegel und Balken erneuerten wir fast alles.

Nach einigen Jahren fühlte ich mich unter Druck. Ich war bereits Ende 50 und wollte unbedingt noch etwas für Gott tun. Doch der Arbeitsaufwand war so gewaltig, dass sich alles endlos hinzog. Immer wieder fragte ich Gott, was ich in dieser Situation für ihn tun könnte. Dann gab er mir eine Botschaft.

Ich hatte einen Traum mit ungewöhnlich klaren Bildern. In diesem Traum bewarb ich mich bei einer Firma um eine Arbeitsstelle. Noch war unklar, welche Position ich bekommen würde. Mir wurden verschiedene Aufgaben gezeigt – Büroarbeit oder technische Tätigkeiten. Doch keine dieser Aufgaben begeisterte mich besonders.

In einem längeren stillen Gebet geschah plötzlich etwas. Ich hatte eine Einsicht – nicht nur eine intellektuelle Erkenntnis, sondern eine kleine Erleuchtung. Es kam wie aus dem Nichts über mich. Zunächst war es ohne Inhalt, ein reines geistiges Erleben, das aus einer Tiefe kam, die man im Nichts zu erahnen beginnt. Einen Moment später wurde es zu einem klaren Satz:

„Ich bin kein Arbeitgeber! Ich möchte nur durch dich da sein!“

Diese Botschaft überwältigte mich emotional. Noch heute bekomme ich Tränen in den Augen, wenn ich daran denke. Sie veränderte meinen Blickwinkel vollkommen.

Gott wollte nicht jemanden, der für ihn arbeitet – doch genau so hatte ich die Beziehung zu ihm gelebt. Ich hatte ihn wie einen Arbeitgeber behandelt, für den ich arbeiten konnte, um mir seinen Lohn zu verdienen. Ich glaubte, ihn zufriedenstellen zu können, wenn ich genug leistete.

Doch Gott rüttelte mich aus dieser begrenzten Vorstellung wach. Das war nicht die Beziehung, die er mit mir wollte.

Gott möchte in mir leben. Gott möchte sich durch mich manifestieren.

Diese Einsicht veränderte mein Gefühl zu Gott. Nicht mehr der Druck, etwas vollbringen zu wollen, um Gott Freude zu machen, stand im Vordergrund. Stattdessen wurde mein Fokus, mich vorzubereiten und zu öffnen, damit Gott in mir wohnen kann.

Wenn Gott in erster Linie durch mich da sein will, dann kann er das in jedem Moment – während ich Putz von den Wänden klopfe, auf der Toilette sitze, spazieren gehe oder mit einem Menschen spreche. Nicht die äußere Handlung ist entscheidend, sondern mein Bewusstsein und meine Liebe zu Gott in jedem Moment. 

Was ich für Gott tun kann, entspringt dann nicht mehr meiner Überlegung und Planung, sondern entfaltet sich im Herzen in jedem Moment meines Lebens. Jeder Moment wird so zu einem Ausdruck des Seins und Wirkens im Sinne Gottes.


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