2.6 Die Bedeutung, Wirkung und Übung der Meditation

2.6 Die Bedeutung, Wirkung und Übung der Meditation Thomas Schuh

Wenn Menschen selbstbewusst sind, haben sie tief in ihrem Herzen einen Ort, an dem das Gemüt sich wohlfühlen kann. Euer Geist sollte den Weg zu diesem Platz finden. Wenn er etwas von seiner Müdigkeit weggeschlafen hat, wird er wieder sensibel werden. Wenn ihr diesen Moment benutzt, um euer Gemüt ohne andere Gedanken in euerem Kopf zu fokussieren, dann werdet ihr in der Lage sein, alles andere herauszufinden. Somit müsst ihr meditieren und beten.

S. 1551

Die Meditation ist eine praktische Übung, mit der wir daran arbeiten können, das Geistige Gemüt ein Stück mehr in die Subjektposition gegenüber dem Physischen Gemüt zu bringen. Durch Meditation kann also eine Basis für die Verbesserung der Geist-Körper-Einheit geschaffen werden.

Zudem zeigen wissenschaftliche Studien auf, dass Meditation Stress und Ängste abbaut und dadurch die psychische- und körperliche Gesundheit fördert. Regelmäßiges Meditieren verhilft uns somit auf vielen Ebenen in einen besseren Zustand zu kommen.

Die Meditationsform, die ich für die Arbeit an der Geist-Körper-Einheit empfehle, ist an die im Zen-Buddhismus praktizierte Zazen-Meditation angelehnt. Hier geht es darum, in das Hier-und-Jetzt-Bewusstsein zu gelangen. Viele Meditationen gehen genau in die entgegengesetzte Richtung, sie fördern eine Trance. Das kann zu bestimmten Zwecken durchaus sinnvoll sein, fördert jedoch nicht die Geist-Körper-Einheit.

Die Zazen-Meditation ist sozusagen die intensive Trockenübung für die Achtsamkeit. Meditation praktiziert man punktuell, z.B. 1-3 mal am Tag 15-30 Minuten. Achtsamkeit kann man den Tag durchgehend praktizieren. Um jedoch die Fähigkeit zu entwickeln, achtsam zu werden, ist die Meditation als Vorübung nötig.

Meditation und Willenskraft

Um meditieren zu lernen, brauchen wir Selbstdisziplin. Wir müssen einen regelmäßigen Rhythmus finden und durchhalten.

Meditation selbst beginnt jedoch genau dann, wenn wir unsere willentliche Anstrengung loslassen und uns vollkommen in den Moment hineinfallen lassen. Für das Loslassen brauchen wir eine andere geistige Kraft als für das Festhalten oder die Konzentration. Auch sehr willensstarke Menschen, können oft nicht loslassen. Durch Meditation lernen wir, alles loszulassen und einfach da zu sein.

Das Erlernen der Meditation beginnt mit einer Meditationsübung und irgendwann geschieht Meditation. Die in der Meditation angestrebte Stille ist ein äußerst kraftvoller Zustand. Der Geist ist Subjekt über die Gedanken- und Bilderwelt und das ohne jegliche Willensanstrengung, sondern einfach durch das Da-Sein. Die Anwesenheit des Geistes in diesem Moment ist ein beeindruckendes Erlebnis.

Anfangs mag Meditation als unangenehm und langweilig empfunden werden. Man könnte an so viele interessante Sachen denken und innere Bilder und Filme ansehen. Und hier ist nur eine weiße Wand. Wenn wir aber in das Hier und Jetzt durchdringen, öffnet sich ein weiter Raum der Wirklichkeit. Wir beginnen, den Moment substantiell zu spüren. Die Welt um uns herum wird dreidimensional und wir sind im Mittelpunkt. Wir sehen die Wand nicht nur, sondern wir spüren sie.

Meditation als Vorbereitung für Gebet

Gott ist immer da, nur wir sind oft abwesend oder mit vielen Dingen beschäftigt. Durch Meditation kommen wir mit allem, was wir sind im Hier und Jetzt an. Wir sind vollkommen da. Es ist nicht das selbstzentrierte Egobewusstsein. Es ist eine Selbstzentrierung und Präsenz des Geistes, die für eine Begegnung mit Gott vorbereitet.

In diesem Zustand fällt das Beten viel leichter. Wir erleben schneller tiefe Empfindungen. Wir können uns auf die Präsenz Gottes einstimmen. Wir können unsere innere Haltung bewusst vorbereiten, unser Herz wahrnehmen und fühlen und uns auf Dankbarkeit und Demut einstimmen. Meditation ist daher eine sehr gute Vorbereitung für das Gebet.

Durch die Meditation öffnen sich andere Gebetszugänge, als das häufig praktizierte Gespräch mit Gott. Wir können dadurch auch einmal 5 Minuten nur hinhören, ohne gedanklich abzudriften. Wir können unser Herz fühlen und hineinspüren, bis wir die Präsenz Gottes fühlen und unweigerlich ein breites Lächeln entsteht.

Das Thema Gebet wird im Kapitel über das Zuwenden zu Gott ausführlich behandelt.

2.6.1 Konzepte und Vorübungen der Meditation

2.6.1 Konzepte und Vorübungen der Meditation

Es gibt verschiedene Konzepte, die sich für mich in der Meditationspraxis herauskristalisiert haben. Im Laufe der Meditationspraxis werden diese Konzepte immer wieder wichtig. Wir werden herausgefordert, diese Konzepte zu vertiefen und tiefgehender in uns zu realisieren. Auf den folgenden Seiten werden die einzelnen Konzepte und hilfreiche Meditationsübungen vorgestellt.

Thomas Schuh

2.6.1.1 Respekt vor der Wirklichkeit in diesem Augenblick

2.6.1.1 Respekt vor der Wirklichkeit in diesem Augenblick

In der Regel versuchen wir, sobald uns etwas unangenehm ist, es zu verändern. Sind wir verspannt, dann versuchen wir, uns zu entspannen. Spüren wir einen Schmerz, dann versuchen wir, etwas zu unternehmen, um ihn aufzulösen.

Zudem beschäftigen wir uns gedanklich mit der Ursache und der Bedeutung des unangenehmen Zustands und überlegen, wie wir das Unerwünschte auflösen oder von uns entfernen können.

In dieser Weise ist das Physische Gemüt konstruiert, das in erster Linie nach Wohlbefinden sucht. Bei der dazugehörigen Übung lösen wir uns von diesem Mechanismus und respektieren den realen Zustand, wie er in diesem Moment ist. Wir beenden also jegliche Willensanstrengung und hören auf, es uns angenehmer gestalten zu wollen.

Dies beginnnt mit der inneren Haltung von Respekt vor unserer Wirklichkeit. Wir respektieren und achten alles, wie es jetzt in diesem Moment ist und nehmen es achtsam wahr. Dabei wird häufig die Erfahrung gemacht, dass sich die unangenehmen Empfindungen relativ schnell verändern oder uns intuitiv Erkenntnisse kommen. Dies ist jedoch nicht unser primäres Ziel und nicht der Fokus bei dieser Übung.

In der Übung lernen wir, unserer Wirklichkeit in diesem Moment mit Respekt und Achtung zu begegnen. Praktisch ausgedrückt, ist es ein bewusstes Da-sein-mit-dem-was-ist. Wir nehmen wahr, wie es in diesem Moment ist und respektieren dies. Dadurch wird das Bewusstsein Subjekt über den Mechanismus des Physischen Gemüts.

Übung: Da-Sein-mit-dem-was-ist

Du setzt dich aufrecht auf deinen Stuhl und nimmst dich wahr. Dabei belasse alles wie es ist. Es geht einfach nur darum wahrzunehmen, wie es im Augenblick ist. Du nimmst wahr, wie sich dein Körper jetzt anfühlt. Die Berührungspunkte mit dem Boden, der Sitzfläche, der Lehne; die Kleidung auf der Haut; die Spannungen der Muskeln; deine Emotionen; alles was du fühlen kannst. Lasse alles wie es ist und nimm es bewusst wahr.

Du nimmst wahr, wie du dich fühlst, in diesem Augenblick. Du bleibst da bei dir. Bleibe voll und ganz da bei dir, in diesem Augenblick, mit dem was jetzt ist. Erkenne die Wirklichkeit an, wie sie jetzt ist. Respektiere die Wirklichkeit in diesem Moment.

 

Thomas Schuh

2.6.1.2 Bewusste Wahrnehmung

2.6.1.2 Bewusste Wahrnehmung

Das Konzept der bewussten Wahrnehmung wurde schon auf der gleichnamigen Seite ausführlich erklärt.

Partnerübung - Bewusste Wahrnehmung

Hierzu machen wir einen Spaziergang mit einem Übungspartner. Die Übung wird in 4 Sequenzen und mit wechselnden Rollen durchgeführt. In der Rolle A teilt der Übungspartner seine Wahrnehmungen dem Partner in der Rolle B mit. Da die Eindrücke schneller aufgenommen werden, als man sie aussprechen kann, soll dies einfach so schnell wie möglich ausgedrückt werden. Eine Sequenz sollte mindestens 2 Minuten praktiziert werden.

  1. Mitteilen, was man sehen kann, alle visuellen Wahnehmungen
  2. Mitteilen, was man hören kann, alle auditiven Wahnehmungen
  3. Mitteilen, was man fühlen kann, alle kinestetischen Wahnehmungen
  4. Mitteilen, was man auf allen 3 Wahrnehmungskanälen wahrnimmt

Anschließend wechseln die Übungspartner die Rollen.

Nachdem beide Partner diese Übung durchgeführt haben, führt jeder für sich die 4 Sequenzen noch einmal durch. Dieses mal jedoch ohne zu sprechen und jeweils nur eine Minute pro Sequenz.

Danach gehen sie noch einige Minuten schweigend weiter. Sie bleiben in der intensiven Wahrnehmung und genießen diesen Zustand.

Thomas Schuh

2.6.1.3 Atmen lassen

2.6.1.3 Atmen lassen

Unser Atem wird vollständig von unserem physischen Körper gesteuert. Die meiste Zeit des Tages ist uns der Atem nicht bewusst. Sobald wir damit beginnen, unseren Atem bewusst zu beobachten, neigen wir dazu, ihn willentlich zu beeinflussen. Beim "Atmen lassen" beobachten wir den Atem bewusst und überlassen die Kontrolle vollständig dem Körper. Wir vertrauen dem Körper die Steuerung des Atems bewusst an. Das ist im Grunde eine Vertrauensübung.

Dabei erlauben wir, dass der Atem im Moment unvollständig und zu kurz ist. Dass er eventuell zu schnell ist oder extrem langsam wird. Natürlicherweise beginnt ein freier tiefer Atem damit, Pausen zu machen. Wir erlauben diese Pausen so lange wie sie sein mögen. Wir lernen hier bewusst Kontrolle abzugeben und zu vertrauen. Das geht soweit, dass wir sogar erlauben würden, dass der Atem aufhört. Keine Sorge, der Atem wird bei der Übung nicht aufhören. Aber wenn wir soweit loslassen können, dass wir dies erlauben können, dann ist der Atem wirklich frei von unserer willentlichen Kontrolle.

Wenn wir den Atem frei atmen lassen, dann beginnt ein Prozess. Der Atem wird nach und nach Spannungen abbauen und sich langsam in Richtung zu einem vollständigen Atem verändern. Irgendwann fühlen wir uns so verbunden mit dem Atem und es ensteht das Gefühl, dass der Atem uns atmet.

Vorübung - Frei durchatmen

Da die meisten Menschen gewohnheitsmäßig unvollständig atmen, beginnen wir mit einer Vorübung. Hier zeigen wir dem Körper wieder eine vollständige Atmung. Dadurch können sich schon erste Verspannungen und Blockaden, die sich oft schon jahrzehntelang eingenistet haben, lösen.

Ein vollständiger Atem umfasst 3 Bereiche: die Bauch oder Zwerchfellatmung, die Brustatmung und die Schlüsselbeinatmung.

Der Atem wird oft durch Emotionen und Anspannungen blockiert oder erschwert. Befinden wir uns in einem negativen emotionalen Zustand, ist der Atem meist stark eingeschränkt. Das blockiert zusätzlich den Fluss von Energien und verhindert das Abfließen der emotionalen Energie. Wenn wir hingegen frei durchatmen, kommen gestaute Energien wieder in Fluss.

In dieser Übung geben wir dem Atem eine sanfte willentliche Unterstützung, damit er wieder durch alle Bereiche durchatmen kann.

Einleitung der Atemübung

Wir beginnen mit 3 bewussten möglichst vollständigen Atemzügen. Dabei atmen wir vollständig aus. Wir drücken die Luft aus allen Bereichen der Lunge möglichst vollständig heraus. Dann atmen wir mit dem Zwerchfell ein, dabei wölbt sich der Bauch nach außen. Dann weiten und öffnen wir den Brustkorb und füllen den Brustbereich mit Luft. Zuletzt ziehen wir die Schlüsselbeine hoch und füllen die Lungenspitzen. Dies machen wir 3 mal möglichst langsam, damit wir nicht hyperventilieren.

Beim dritten Einatmen halten wir bei maximal gefüllten Lungen die Luft für einige Sekunden an. Dabei entspannen wir uns und lassen die Muskelspannung des Brustkorbs los. Dann öffnen wir wieder die Atemwege und lassen die Luft ausströmen.

Übung – Frei durchatmen

Bei der Hauptübung "Frei durchatmen" unterstützen wir den Atem sehr sanft dabei, vollständig durchzuatmen. Dies soll sehr angenehm und entspannt stattfinden. Wir atmen einfach eine Weile bewusst und langsam vollständig durch. Diese Übung hat eine sehr belebende Wirkung.

Anleitung während der Übung – Atmen lassen

Bei dieser Übung beginne zuerst wieder mit 3 vollständigen Atemzügen, wie in der "Einleitung der Atemübung" beschrieben.

Zur Übung "Atmen lassen" setze dich aufrecht hin und entspanne dich soweit wie möglich.

Lenke deine Aufmerksamkeit auf den Atem. Erlaube dem Atem unvollständig und zu schnell, oder holprig zu sein. Der Atem wird mit der Zeit von selbst tiefer und vollständiger werden. Wir müssen ihn nur lassen. Bleibe mit deiner ganzen Aufmerksamkeit bei dem Atem und lasse ihn sein wie er ist. Bleibe enspannnt. Genieße diese Bewegung in deinem Bauch und Brustkorb. Lass es einfach geschehen. Lasse einfach los. Bleibe ganz da bei deinem Atem. Lasse soweit los, dass du sogar erlauben würdest, dass der Atem aufhört. Jeder Atemzug ist neu und etwas anders.

Thomas Schuh

2.6.1.4 Gedanken und Gedankenzüge loslassen

2.6.1.4 Gedanken und Gedankenzüge loslassen

Test - Nicht denken

Zu Beginn bitte ich Sie zuerst selbst einen Test zu machen. Denken Sie ab jetzt 5 Minuten NICHTS.

Eventuell haben Sie etwas Ähnliches erlebt, wie im Folgenden beschrieben.

Wenn wir auf Kommando versuchen, nichts zu denken, dann erfahren wir, dass dies nicht möglich ist. Nach einigen Sekunden beginnen wir über das Nicht-Denken nachzudenken, oder denken an etwas anderes. Oft vergessen wir ziemlich schnell, dass wir nicht denken wollten. Das sogennannte automatische Denken beherrscht unser Bewusstsein. Es vesetzt uns sehr schnell in eine Trance, so dass wir alles andere vergessen.

Willensstarke Menschen versuchen meist durch Konzentration, diesen Mechanismus zu besiegen. Bei der Konzentration wird sich jedoch lediglich auf etwas fokussiert, wodurch alles andere auszublendet. Sobald die Konzentration nachlässt, ist das automatische Denken in gleicher Intensität wieder vorhanden und wahrnehmbar. Es hat also kein Beenden des Denkens stattgefunden. Es wurde nur vorübergehend ausgeblendet.

Der erste Schritt, um Herr über unser Bewusstsein zu werden, ist zu erkennen, dass diese Form des Denkens automatisch, ohne bewusste Entscheidung abläuft. Solange wir nicht versuchen, das Denken abzustellen, können wir die Illusion aufrechterhalten, dass das Denken vollständig unter unserer Kontrolle steht. Erst wenn wir dies an uns selbst beobachten, können wir beginnen, unseren Zustand zu verbessern.

Lösen des Bewusstseins vom Verstand

Die willentliche Konzentration ist eine Verstandeskraft und nicht das Bewusstsein. Mit der Kraft des Vestandes alleine können wir uns nicht von unserem Verstand lösen. Hierzu brauchen wir das Bewusstsein. Das Bewusstsein ist im Gegensatz zur Konzentration offen und weit.

Wir müssen also, das an den Verstand gebundene Bewusstsein vom Verstand lösen. Dadurch können wir wieder Herr über unser Bewusstsein werden. Dann sind wir in der Lage, ohne Anstrengung das Plappern des Vestandes zu beobachten und können es auslaufen und ruhig werden lassen.

Übung - Gedankenzüge lozuslassen

Gedankenzüge beginnen meist ohne bewusste Initiierung unseres Geistes. Wir hören ein Wort im Radio, lesen eine Werbung, oder denken gerade über etwas nach. Mit einem bestimmten Wort oder Bild wird ein neuer Gedankenzug in Gang gesetzt. Oft besteigen wir nacheinander mehrere Züge und wissen dann nicht mehr, warum wir über dies oder jenes nachdenken. Die Gedankenzüge werden nicht von uns initiiert, sondern sie beginnen vollständig automatisch.

In der Meditation und der Übung der Achtsamkeit lernen wir, auf diese Gedankenzüge nicht aufzusteigen. Wir üben, sie einfach loszulassen und da zu bleiben. So vermeiden wir, dass wir in eine Trance versetzt werden und bleiben mit unserem Bewusstsein wach.

Wenn wir beim Meditieren merken, dass wir auf einen Gedankenzug aufgestiegen sind, lassen wir ihn wieder los - nichts weiter. Anfänger ärgern sich oft über sich selbst. Dies ist vollkommen unnötig und kontraproduktiv.

Wir sollten versuchen, eine liebevolle innere Atmosphäre in uns zu schaffen. Hier ist eine Haltung hilfreich, die den Gedankenzügen eigentlich keine Beachtung schenkt. Gedankenzüge sind nicht böse und auch kein Zeichen von Schwäche. Es ist auch egal, ob man auf einen Zug aufgestiegen ist. Wenn man es erkennt, lässt man ihn einfach los und beschäftigt sich nicht mehr damit. Wir üben lediglich das Erkennen der Gedankenzüge und sie loszulassen.

Manchmal bekommt man gute Ideen während der Meditation. Das hat den Grund, dass wir beim Meditieren offener und intuitiver sind, als im Alltagsbewusstsein. Ich gehe dabei wie folgt vor. Ich denke ca. 1-2 Minuten darüber nach und schreibe die Idee auf. Dann meditiere ich wieder dankbar und fröhlich weiter.

Thomas Schuh

2.6.1.5 Vertrauen und Loslassen

2.6.1.5 Vertrauen und Loslassen

Um etwas loszulassen brauchen wir eine andere geistige Fähigkeit, als die Konzentrationsfähigkeit und die aktive Willenskraft. Auch sehr willensstarke Menschen können oft nur schwer loslassen. Oft hindern uns Ängste daran, Dinge loszulassen, die uns schaden.

Viele klassische Neurosen zeichnen sich dadurch aus, dass Menschen fixe Gedanken und Vorstellungen nicht loslassen können. Es muss beispielsweise 5 mal kontrolliert werden, ob das Bügeleisen ausgesteckt ist. Oder die fixe Vorstellung, verunreinigt zu sein, wird vergeblich durch Reinigungsrituale zu eliminieren versucht.

Um loszulassen brauchen wir Vertrauen. Die Fähigkeit zu vertrauen und loszulassen eröffnet uns neue Freiheit. Wir können mit unserem Geist viel freier unser Leben gestalten. Die Veränderungen des Lebens können viel flüssiger und schneller vollzogen werden. Viel Leid entsteht dadurch, dass wir zu lange an etwas festklammern, was eigentlich schon vorbübergegangen ist.

Vertrauen

Das Sprichwort "Vertrauen ist gut, Kontolle ist besser", ist in den meisten Situationen falsch. Richtiger wäre "Vertrauen macht glücklich, Kontrolle ist meist schädlich". Kontrolle macht das Leben komplizierter, blockiert den Fluss des Lebens, beschädigt Beziehungen und vieles mehr. Hinter Kontrollversuchen steckt meistens Angst. Wer vertrauen kann, kann sich öffnen. Letztendlich geht es in der spirituellen Entwicklung darum, die Grundlage zu schaffen, um sich für Gott und die Wahre Liebe zu öffnen. Dies erfordert Vertrauen und Hingabe.

Übung - Loslassen

Diese Übung ist recht unspektakulär. Sie hat auch keine besonders starke Wirkung. Hier üben wir lediglich einen Vorgang, den wir für die Meditation und die Übung der Achtsamkeit benötigen: den Schritt, etwas loszulassen und da zu bleiben.

Während der Meditation und der Übung der Achtsamkeit werden wir immer wieder in die Situation kommen, in der wir etwas loslassen möchten. Bei dieser Übung können wir uns ausschließlich auf diesen Vorgang fokussieren.

Bei dieser Übung ist es nicht unbedingt nötig, eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen. Die Augen bleiben offen. Man kann während der Übung auch die Körperhaltung ab und zu ändern.

Während dieser Übung lassen wir Körperspannungen, Gedanken, innere Bilder und Gefühle los. Sobald uns etwas ins Bewusstsein kommt, lassen wir es los, soweit es in diesem Moment möglich ist. Dann beschäftigen wir uns nicht weiter damit, sondern bleiben einfach da.

Wichtig ist, dass wir bei dieser Übung nicht in eine Trance gehen, wie z.B. beim Autogenen Training. Es ist hier auch nicht das Ziel, einen möglichst tiefen Entspannungszustand zu erreichen. Es geht lediglich darum, körperlich alle unnötigen Anspannungen zu lösen und mit unserem Bewusstsein bei keinen Gedanken, Bildern oder Gefühlen hängen zu bleiben. Wir bleiben einfach wach und bewusst da.

Anleitung während der Übung

Nimm zuerst deinen Körper wahr, wie er in diesem Moment ist. Bleibe wach und mit deinem Bewusstsein im Hier und Jetzt. Wenn du eine Spannung wahrnimmst, lasse sie los. Als Beispiel spüre deinen Schultern, ob es dort unnötige Anspannung gibt. Wenn ja, dann lasse sie jetzt einfach los. Spüre in deinen Kiefer und lasse unnötige Spannung los.

So mache es ab jetzt mit jeder unötigen Spannung, die dir ins Bewusstsein kommt. Lasse sie los, soweit es in diesem Moment möglich ist und beschäftige dich nicht mehr damit. Bleib einfach da.

Sobald du auf etwas aufmerksam wirst, dann lasse es los. Spüre dich und bleibe da im Hier und Jetzt. Wenn ein Gedanke bewusst wird, lasse ihn los. Wenn ein inneres Bild aufkommt, lasse es los. Bleibe wach im Hier und Jetzt. Mit jedem Loslassen kommst du ein Stück mehr hierher, ins Hier und Jetzt. Lasse Spannungen los. Lasse Gedanken los. Lasse Gefühle los. Soweit es in diesem Moment möglich ist. Du braucht nicht gegen irgendetwas zu kämpfen, sondern einfach da-sein. Wenn etwas kommt, lass es einfach los. Du bist da, spürst dich, beobachtest dich. Einfach entspannt wach da-sein.

Thomas Schuh

2.6.1.6 Das Zentriert-sein

2.6.1.6 Das Zentriert-sein

Was bleibt, wenn wir alles losgelassen haben, was uns ablenkt und zerstreut? Wir werden in uns zentriert. Anders herum: Wenn wir uns in uns zentrieren, dann kommen wir in die Lage, alles andere loszulassen.

Zentriert-sein körperlich

Das Zentrieren kann man körperlich, wie folgt, beschreiben. Kommt von Außen ein Druck von vorne, kann ich auf verschiedene Weisen reagieren. Ich kann mich nach hinten wegdrücken lassen, oder ich kann Gegendruck ausüben. Zentriert sein bedeutet, den Körper in Richtung Boden nach unten zu drücken und auf dem Punkt stehen zu bleiben.

Im Schwerpunkt des menschlichen Körpers liegt ein Energiezentrum das im Japanischen Hara genannt wird. Es liegt eine Handbreite unter dem Bauchnabel. Die Fokussierung auf das Hara erleichtert das Zentrieren.

Zentiert-sein in der Reaktion

In der Reaktion zentriert bleiben bedeutet Folgendes. Greift mich jemand verbal an, dann könnte ich den Angreifer auch verbal angreifen, oder ich kann mich verteidigen und rechtfertigen. Zentriert bleiben bedeutet, bei seinem Standpunkt zu bleiben, ihn kurz auszusprechen und sich nicht mehr damit zu beschäftigen. Wohlgemerkt ist das nicht immer die angemessene Reaktion. Jedoch ist es sehr kraftvoll, wenn wir in der Lage sind, innerlich so zu reagieren.

Zentiert-sein in der Haltung

Zentriert sein bedeutet, in seiner Haltung unverändert zu bleiben, egal was passiert. Die höchste Form der inneren Haltung, ist die Haltung der Liebe. Hoch entwickelte Menschen bleiben in der Haltung der Liebe zentriert und unveränderlich.

Zentiert-sein bei der Mediation

In der Meditation üben wir, unser Bewusstsein zu zentrieren. Hierzu ist es hilfreich, beim Ausatmen die Kraft im Hara und beim Einatmen den Solarplexus zu spüren. Das Bewusstsein bleibt im Körperschwerpunkt verankert. Hierdurch können die Gefühle und Gedanken als weiter außen liegende Erscheinungen wahrgenommen werden.

 

Thomas Schuh

2.6.1.7 Die Stille und die Hingabe

2.6.1.7 Die Stille und die Hingabe

Die Stille ist ein Zustand, den man bei fortgeschrittener Meditation erreichen kann. Hier ist das Geben und Empfangen mit der inneren Gedanken- und Bilderwelt vollkommen beendet. Das automatische Denken hat aufgehört und es ist ruhig geworden.

Stille kann man in diesem Sinne auch nicht üben. Es ist das Resultat, wenn wir konsequent alles losgelassen haben und achtsam geblieben sind. Nach einer gewissen Zeit hört auch das Geplapper der Gedankenwelt auf und es wird still.

Die Stille ist ein äußerst kraftvoller Zustand. Hier sind wir 100%ig da und sonst nichts.

Die Tiefe des Augenblicks und Hingabe

Fortgeschrittene Meditation ist kein gelangweiltes Da-sitzen. Es erfordert höchste Hingabe.

Bei der Meditation dringen wir in die Tiefe des Augenblicks ein. Jeder Augenblick ist neu. Er war noch nie da und wird nie wieder kommen. Es gibt nur diesen Augenblick, alles andere ist Illusion. Mit diesem Bewusstsein können wir uns mit ganzem Herzen und ganzer Leidenschaft diesem Moment hingeben. Wir lassen uns förmlich in das Hier und Jetzt hineinfallen. Es ist wie der Sprung von einer Klippe. Es erfordert die Bereitschaft alles loszulassen und mit jeder Zelle des Körpers und mit jeder Faser des Geistes da zu sein.

 

Thomas Schuh

2.6.1.8 Übung des Selbsterinnerns

2.6.1.8 Übung des Selbsterinnerns

Das Konzpt des Selbsterinnerns wurde schon auf der Seite "Selbsterinnern und Auflösen der Ego-Identifizierung" ausführlich erklärt und grafisch dargestellt. Es ist möglich, sich über die visuelle Wahrnehmung an dieses Phänomen heranzutasten.

Übung – Selbsterinnern

Bei dieser Übung ist die Körperhaltung unbedeutend. Man kann diese Übung beispielsweise im Sitzen machen. Hier betrachtet man visuell einen Gegenstand z.B. eine Kerze. Während man die Kerze ansieht, macht man sich bewusst, dass ich diese Kerze sehe. Die Betonung liegt bei ICH.

Im "normalen" Bewusstseinszustand sind wir uns unserer Selbst nicht bewusst. Hier üben wir, dieses Bewusstsein langsam zu entwickeln.

Anleitung während der Übung

Schau jetzt die Kerze an. Du siehst jetzt die Kerze. Schaue dir die Kerze genau an.

Wo sind die Augen, die die Kerze sehen? Wo ist der Kopf, in dem die Augen sind, die die Kerze sehen? Wo ist der Körper, in dem die Augen sind, die die Kerze sehen? Wo genau ist die Person, die die Kerze sieht. Wo ist das Wesen, dass diesen Körper hat, der diese Kerze sieht?

Die Frage ist: "Wer sieht die Kerze"? Wer sieht diese Kerze? Wer ist das Wesen, dass diese Kerze sieht?

Oder sage dir selbst: "ICH sehe diese Kerze". Immer wieder "ICH sehe diese Kerze". Sei dir bewusst, dass du diese Kerze siehst. Und jetzt fühle: "ICH sehe diese Kerze".

Irgendwann entsteht vielleicht das Gefühl, dass du in dieser Kerze etwas von dir wiedererkennst. Vielleicht verschmilzt es irgendwann, so dass du in der Kerze ein Stück vertrautes findest. Die Kerze wird ganz vertraut. Du erkennst dich, während du die Kerze betrachtest.

Vielleicht fühlst du einen Hauch davon in deinem Herzen. Das Gefühl, dass du da bist während du die Kerze siehst. Hier im im Herzen, ist das Zentrum des Wesens, dass die Kerze sieht.

Schau jetzt in dem Raum herum. Sei dir bewusst, dass du da bist und diesen Raum siehst. Du bist da. Fühle jetzt: "ICH sehe den Gegenstand", "ICH sehe den Raum". Ich bin da. ICH spüre den Druck der Sitzfläche. ICH höre die Stimme. ICH sehe den Gegenstand. ICH bin da. ICH nehme die Gruppe wahr. ICH sitze hier zwischen zwei Personen...

Thomas Schuh

2.6.1.9 Das Öffnen

2.6.1.9 Das Öffnen

Als ich im März 2008 das Privileg hatte, eine persönliche Audienz bei Kendo Sugihara -  einem international bekannten Zen-Mönch - zu bekommen, stellt ich folgende Frage. Welche Anstrengung unternimmt ein Zen-Mönch, um geistig zu wachsen? Seine Antwort war: "Man muss sich nicht anstrengen, sondern nur öffnen". Die Tragweite dieser Antwort, wurde mir erst in den darauffolgenden Jahren bewusst.

Thomas Schuh
Audienz bei Kendo Sugihara in Japan
Audienz bei Kendo Sugihara in Japan
Von Links: Mizue Schuh (Geb. Kishimoto), Thomas Schuh, Kendo Sugihara, Kazuo Kishimoto

Das Öffnen

Das Öffnen ist einer der wesentlichsten Aspekte der geistigen Entwicklung. Laut dem Göttlichen Prinzip, ist die wesentlichste Fähigkeit, die wir in unserem Leben entwickeln sollten, die Fähigkeit, Gottes Liebe zu empfangen. Hierfür ist das Öffnen des Herzens für Gottes Liebe unabdingbar. Wir haben auch schon festgestellt, dass ein höher entwickelter Mensch, intensivere Gefühle und Empfindungen hat. Dies entsteht durch das Öffnen des Herzens.

Das Öffnen erfordert eine entsprechende Geisteshaltung, sowie Vertrauen. Wir können uns nicht willentlich öffnen. Es ist das Resultat eines erfolgreich durchlaufenen Prozesses. Ich habe schon erklärt, dass Meditation nicht Konzentration ist, sondern das Bewusstsein befreit, welches offen und weit ist. Wir sollten uns bei der Meditation darüber klar sein, dass der Zielzustand ein offener Zustand ist.

Das Öffnen des Herzens ist ein Haupthema des Kapitels über Gemüt und Herz und des Kapitels über das Zuwenden und das Öffnen für Gott. Hier wird der Prozess ausführlich und tiefgehend beschrieben.

2.6.2 Zazen – Die Übung der vollkommenen Achtsamkeit

2.6.2 Zazen – Die Übung der vollkommenen Achtsamkeit

Zazen ist die klassische Meditationsinsform wie sie im Buddhismus und vorallem im Zen-Buddhismus praktiziert wird. Ich beschreibe hier wie ich Zazen gelernt und erfahren habe. Diese Betrachtung mag Stellenweise nicht mit der klassischen Sicht übereinstimmen.

Aus meiner Sicht ist Zazen die reinste Form der Meditation. Zazen ist keine Meditationstechnik. Es werden zwar auch im Rahmen des Zazen verschiedene Meditationsübungen gelehrt.

Eine Beispiel ist das Zählen der Atemzüge. Hier zählt man die Atemzüge, bis der erste Gedanke aufkommt. Sobald man realisert, dass ein Gedanke aufgekommen ist, beginnt man wieder von forne.

Dies sind jedoch nur Vorübungen. Zazen selbst ist die Praxis der vollkommenen Achtsamkeit. Zazen bedeutet sich vollkommen in diesen Moment hineinfallen zu lassen. Es erfordert die vollkommene Hingabe in das Hier und Jetzt.

Zu Beginn wird einem das plappern der Gedanken bewusst. Man realisiert die innere Unruhe und Zertreutheit. Zudem ist man anfangs mit Körperhaltung und Körperspannungen beschäftigt. Dies erfordert, dass man nach und nach alles loslässt und durch einen Prozess mehr und mehr in das Hier und Jetzt durchdringt. Dies wird vollzogen, indem man achtsam wahrnimmt und mit dem Bewusstsein wach und da bleibt. Als Endresultat gelangt man irgendwann zur Stille.

Thomas Schuh
Meditationsabend in München in den Räumlichkeiten der Familienföderation
Meditationsabend in München in den Räumlichkeiten der Familienföderation

Körperhaltung im Zazen

Im klassischen Zazen wir großen Wert auf die exakte Körperhaltung gelegt. In Japan wird diese bis ins letzte Detail perfektioniert. Aus meiner Erfahrung, ist die Körperhaltung sehr hilfreich, jedoch nicht unbedigt nötig. Im Folgenden werde ich die Körperhaltung grob beschreiben.

Sitzhaltung

Beim Zazen sitzt man auf einer Meditationsbank oder einem Meditationskissen. Wesentlich ist, dass die Knie unterhalb der Hüftgelenke sind. Dadurch kommt das Becken und die Lendenwirbelsäule in die ideale Lage. Die Wirbelsäule sollte wie ein Grashalm aufrecht mit einer natürlichen Spannung gerade stehen.

Die beine sind idealerweise zum Lotussitz verschrengt. Es gibt auch den halben und viertelten Lotussitz. Der letzere ist ein Schneidersitzt bei dem die Knie auf den Boden und die Füße auf den Unterschenkeln liegen. Wem das zu schwierig ist, der kann sich auch auf die Knie setzen und das Meditationskissen unter das Gesäß legen.

Um in die richtige Sitzhaltung zu kommen, kann man sich zu Beginn der Meditation kurz nach forne beugen, bis man mit der Stirn den Boden berührt. Dabei wird das Gesäß nach hinten herausgedrückt. Wenn man sich danach wieder aufsetzt, hat man einen gute Sitzhaltung.

Um Seitlich in die gerade Haltung der Wirbelsäule zu kommen, kann man den Arm seitlich über den Kopf legen und die Wirbelsäule seitlich dehnen. Diese Bewegung führt man zu beiden Seiten hin aus und kehrt dann zur geraden Haltung zurück. Dadurch fällt es leichter die angenehme natürliche Spannung der Wirbelsäulenmuskulatur zu finden. Während der Meditation sollten nur die Muskeln angespannt sein, die zum aufrechthalten der Wirbelsäule nötig sind. Alles andere ist entspannt.

Die Halswirbelsäule sollte gerade sein. Das Kinn etwas angezogen. Die Zunge liegt oben am Gaumen.

Der Blick geht ca. einen Meter vor einem auf dem Boden. Hier kann man sich zur Hilfe eine Kerze oder einen Gegenstand plazieren.

Die Hände werden mit der Handfläche nach oben ineinander gelegt. Die Daumenspitzen berühren sich. Die Daumengelenke sollten möglichst geraden und nicht abgewinkelt sein.

Atem

Der atem fließt gleichmäßig. Beim Zazen praktiziert man vorwiegend die Zwerchfellatmung. Zum erlernen kann man sich beim einatmen auf den Solarplexus konzentrieren und beim ausatmen, auf das Hara. Das Hara ist eine Energiezentrum das genau im Körperschwerpunkt liegt. Es befindet sich in etwa eine Handbreite unterhalb des Bauchnabels.

Zu Anfang kann man mit drei vollständigen Atemzügen beginnen, wie es in der "Einleitung der Atemübung" beschrieben wurde.