2.4.b Meine persönliche Erfahrung mit der dunklen Nacht der Seele

Ich praktizierte seit einiger Zeit wieder Zen-Meditation und herkömmliche christliche Gebete. Doch ich sehnte mich nach einer direkteren Erfahrung Gottes. Im Grunde befand ich mich bereits in einer Glaubenskrise und war innerlich verzweifelt. Ich wollte einen neuen Anlauf wagen, um ein tieferes Gebet zu erringen.

Daraufhin veränderte ich meine Zen-Meditation. Aus reiner Achtsamkeitsmeditation wurde eine Kontemplation über die Präsenz Gottes. Bei jedem Atemzug machte ich mir bewusst, dass Gott in diesem Moment da ist. Dazu verwendete ich eine Art Mantra mit dem Satz: „Gott ist jetzt da.“ Dieses Gebet praktizierte ich täglich für etwa 90 Minuten.

Ich hatte so viel über Gott gelesen und gelernt, doch ich wollte mich von all diesen Konzepten befreien und Gott so begegnen, wie er wirklich ist. Ich wollte ihn nicht länger in eine Schublade aus Gedanken und Vorstellungen zwängen. Ich sagte zu ihm: „Auch wenn du kein guter, liebender Gott sein solltest – ich möchte dich trotzdem erleben, so wie du wirklich bist.“

Mit der Zeit entwickelte sich in dieser Form des Gebets ein Gefühl, das ich nur schwer in Worte fassen kann. Es war, als säße ich ganz allein in einer stockdunklen, kalten Halle auf einem Betonboden. Ich fühlte mich leer und einsam. Dieses Gefühl verstärkte sich mit den nächsten Wochen und Monaten. Die Halle wurde immer größer, der Boden immer kälter, die Umgebung immer dunkler. Ich flehte Gott innerlich um ein Zeichen an – doch es kam nichts. Kein Licht, kein Funke, kein Geräusch, kein Gefühl. Nur vollkommene Stille, tiefste Finsternis und absolute Leere.

Die Halle dehnte sich schließlich so weit aus, dass sie das gesamte Universum zu umfassen schien. Ich war allein in dieser unendlichen Dunkelheit. Kein Zeichen von Gott.

Ich fragte mich, warum Gott mir nicht wenigstens ein kleines Zeichen geben konnte, wo ich ihn doch so verzweifelt darum bat. In dieser Zeit haderte ich mit ihm. Manchmal zweifelte ich sogar an seiner Existenz.

Dann führte mich Gott zu einer Gruppe, die das Herzensgebet praktizierte – im Grunde genau das, was ich bereits seit einem halben Jahr tat. Dort wurde mir ein Buch empfohlen, in dem ich eine Passage über den scheinbar schweigenden Gott las. Es war für mich eine große Erleichterung zu erfahren, dass auch andere kontemplative Christen ähnliche Erfahrungen machen.

Einige Zeit später wurde mir klar, was Gott mir durch diese Dunkelheit zeigen wollte.

Gott ist in mir

Obwohl ich tief im Gebet versenkt war, suchte ich Gott weiterhin im Außen. Ich wollte ein wahrnehmbares Zeichen von ihm. Schon oft hatte ich bei Sun Myung Moon gelesen, dass Gott im Innersten des Herzens wohnt – doch in meiner Meditation hatte ich das noch nicht wirklich verinnerlicht.

Man kann meditieren, ohne wirklich nach innen zu gehen. Erst als ich begann, dies bewusst zu lernen, entwickelte sich eine Art Herzmeditation. Das Gefühl der Verlassenheit verschwand. Stattdessen stellte sich eine leise, stille Freude in meinem Herzen ein.

Später erkannte ich zudem, dass ich Gott durch meine Sinne wahrnehmen wollte. Doch Buddha lehrt, dass auch die Wahrnehmungen leer sind. Und Sun Myung Moon sagt, dass man Gott nicht einmal in der geistigen Welt direkt wahrnehmen kann – denn er ist reiner Geist, ohne Form.

Wie man sich der Präsenz Gottes dennoch bewusst werden kann, werde ich später noch beschreiben.

© BLI - Thomas Schuh 2025