1.10. Die Wirkung der Achtsamkeit auf unseren Geist

Unsere fünf Sinne nehmen ununterbrochen wahr – das lässt sich nicht abschalten. Doch die entscheidende Frage ist, wo sich unser Bewusstsein befindet. Gurdjieff erklärt, dass bewusstes Wahrnehmen ein Geben und Nehmen erzeugt. Dadurch entsteht geistige Energie.

Die grobstofflichste Form der Energieaufnahme ist Nahrung, gefolgt vom Atem und schließlich von der bewussten Wahrnehmung. Diese Energie ist notwendig, um höhere Zentren in uns zu nähren.

Im Göttlichen Prinzip wird erklärt, dass ein Element von unserem Körper zu unserem Geist fließt. Dieses Element wird Vitalitätselement genannt und durch gute Taten erzeugt. Nur durch dieses Element ist geistiges Wachstum möglich – es ist eine Art Nahrung für unseren Geist. Möglicherweise ist die spirituelle Energie, von der Gurdjieff spricht, ein Aspekt dieses Vitalitätselements.

Aus Erfahrung kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass länger praktizierte Achtsamkeit dazu führt, dass das Geistige Gemüt aktiv wird. Geistige Empfindsamkeit und Offenheit des Herzens sind die Folge.

Gurdjieff spricht in diesem Zusammenhang vom Selbsterinnern. Dies geht über die Achtsamkeit der fünf physischen Sinne hinaus und öffnet den Zugang zum geistigen Bereich. Wir werden uns unseres Geistes bewusst, indem wir uns von Identifikationen lösen – sei es mit unseren Gedanken, Gefühlen, Selbstbildern oder letztlich allem, was wir tun und glauben zu sein.

Selbsterinnern als Vorstufe, uns der Präsenz Gottes bewusst zu werden

Anders ausgedrückt: In diesem Zustand werden wir uns unseres wahren Selbst bewusst, das hinter dem Denken und Fühlen steht. Das Selbsterinnern führt letztendlich dazu, dass wir die Präsenz Gottes in diesem Moment gewahr werden.

Wie eine kleine Erleuchtung wurde mir diese Erkenntnis während eines Workshops bewusst, als ich eine Meditation anleitete. Sie hat mich zutiefst bewegt und beinahe emotional überwältigt.

Wenn wir mit unserem Bewusstsein in alle fünf Sinne gehen, sind wir dort, wo Gott ist – in der Wirklichkeit, im Hier und Jetzt. Das Einzige, was dann noch nötig ist, um Gottes Geist bewusst zu werden, ist, unsere geistige Empfindsamkeit zu öffnen.

© BLI - Thomas Schuh 2025