2.7.a Phänomen 4: Gotte Führung und Gnade erfahren

Nun habe ich bereits die wesentlichen Prozesse des Weges beschrieben. Es ist nicht immer leicht zu verdauen, was der Weg zu Gott von uns abverlangt. Nach der harten Arbeit auf dem Feld im Frühjahr reifen die Früchte langsam über den Sommer hinweg. Schließlich kommt die Erntezeit. Genauso dürfen auch wir – wenn wir die Voraussetzungen geschaffen und die Phasen geduldig durchlebt haben – Gottes Gnade empfangen.

Alles beginnt mit einer Suche und einer Frage

An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass der Weg zu Gott mit einer Suche oder Frage beginnt. Wenn wir uns nicht nach Gott ausstrecken, sehnen, fragen und suchen, können wir nicht erwarten, ihn zu finden. Die aufrichtige Suche wird uns zu ihm führen.

Klopfet an, so wird euch aufgetan. Sucht, so werdet ihr finden; bittet, so wird euch gegeben.

Quelle
Matthäus 7,7

Eine psychologische Beratung oder Therapie beginnt mit einem Auftrag. Ohne Auftrag darf der Therapeut nicht aktiv werden. Der Auftrag muss vom Klienten kommen. Die Auftragsklärung ist der erste und wichtigste Schritt. Sie entscheidet maßgeblich über den Erfolg der Therapie. Wenn im Laufe des Prozesses deutlich wird, dass der Auftrag unklar ist, muss die Auftragsklärung erneut wiederholt werden. So lernt man es in einer therapeutischen Ausbildung, weil es ein grundlegendes Prinzip ist.

Um Gottes Führung und Gnade zu erhalten, müssen wir den ersten Schritt tun und nach ihr fragen und suchen. Damit beginnt der Weg.

Meine persönliche Suche

Gott hat mir unverdienterweise viele wunderbare Erfahrungen geschenkt – sicher nicht, weil ich ein besonders heiliger oder gläubiger Mensch bin. Das Einzige, was mir vielleicht dazu verholfen hat, war mein aufrichtiges Suchen nach diesem inneren Weg. Es war manchmal weniger eine bewusste Tugend als vielmehr eine Suche aus Verzweiflung – durch meine zahlreichen Depressionen, Glaubenskrisen und mein sündiges Verhalten, das ich nicht in den Griff bekommen konnte. All das trieb mich immer weiter und immer tiefer dazu, nach Gott zu suchen.

Der Zweck meines speziellen Kurses

Gott offenbarte mir durch einen Traum den Zweck dieses eigenartigen Kurses. Oft habe ich mich gefragt, warum Gott mich anders führt als viele andere Menschen. In unserer Glaubensgemeinschaft konnte ich häufig nicht an wichtigen Veranstaltungen teilnehmen. Dadurch fühlte ich mich oft am Rand stehend und nicht wirklich dazugehörig. Zudem hatte ich oft den Eindruck, dass für die inneren Dinge, über die ich sprach, kein Raum war. Vieles befand sich natürlich noch im Prozess und war unreif. Dennoch hatte ich das Gefühl, meinen Weg genau so gehen zu müssen.

Diese Außenseiterrolle habe ich durch mein Verhalten sicherlich selbst mitverursacht. Doch meine Frau und ich fragten uns oft, warum Gottes Führung diese Rolle noch verstärkte. Wir fühlten uns wie Noah, der auf dem Berg ein Schiff baut und von allen für verrückt erklärt wird.

Dann gab mir Gott durch einen Traum einen Hinweis. In diesem Traum hatte ich ein Vorstellungsgespräch mit dem Chef einer Firma. Ich sollte eine Aufgabe als Kraftfahrer übernehmen. Doch zu meiner Überraschung verlangte er noch etwas anderes von mir. Der eigentliche Zweck meiner Anstellung war nicht, die gewöhnliche Arbeit zu verrichten. Vielmehr sollte ich etwas herausfinden: Irgendjemand in der Firma stahl, und der Chef wollte, dass ich herausfinde, wer es war. Der Traum lässt sich auf verschiedene Weise interpretieren.

In einem Gebet schenkte mir Gott durch eine kleine Erleuchtung das Verständnis für die Botschaft dieses Traums. Meine Aufgabe war eine andere als die der Mitarbeiter, die die Firma produktiv betreiben sollten. Ich sollte etwas untersuchen und etwas herausfinden, das für Gott von Bedeutung war. Doch niemand in der Firma durfte davon wissen. Ebenso sollte niemand in unserer Glaubensgemeinschaft den wahren Zweck meines Wirkens erkennen, bis es herausgefunden und reif ist.

Das Ziel meines Weges war es also, im Hintergrund etwas zu erforschen. Gott führte mich bewusst darauf hin, weil er mir den inneren Weg offenbaren wollte. Dafür musste ich große Demut entwickeln.